CLAUDIA HIRTL
												Susan Boutwell Gallery, München/Sydney 
													München, Theresienstraße 48 
													28.10. – 9.12.2017 
													 
													Hirtls Auseinandersetzung mit philosophischen Begriffen – wie Zeit, Raum/Ort, Innen/Außen, Sprache, Sinn, Selbst, Herz, Seele, Geist – hat zu einem reichhaltigen, ausdrucksstarken und eindrucksvollen Oeuvre von Bildern geführt, das sich einfachen kunsthistorischen Kategorisierungen der Postmoderne verweigert und von seinen Betrachtern eine meditative, reflektierende Disposition verlangt. 
													 
													Hirtls Kunst ist grenzgängerisch ohne Grenzen zu beachten; sie durchquert westliche und fernöstliche Denkweisen und sucht das Eine durch das jeweils Andere zu erläutern oder zu verstehen; sie inkorporiert japanische Ideogramme, kanji, in westliche Abstraktion; sie spielt mit diesen graphischen Linien und verwandelt das Skripturale in Bildhaftigkeit, die den Signifikanten und den Sinn des Schriftzeichens bewusst auflöst; und sie konfrontiert den westlichen Betrachter mit einem Enigma der Fremdartigkeit, weil er meint, das Bildgeschehen könne erst verstanden werden, wenn man bloß das Ideogramm »lesen« könnte.  Aber Benennen ist nicht identisch mit Erkennen – viel wichtiger wird in der Betrachtung von Hirtls Bildern das Schauen und Empfinden, wobei gerade der Erfahrung der Verunsicherung bzw. des Nicht-Festhalten-Könnens, Nicht-Definierens und Nicht-Zuordnens besondere Bedeutung zukommt.
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											Hirtls Werk teilt sich in großformatige Tafelbilder und mehrteilige, kleiner-formatige Bilder, die häufig als komplementär zu verstehen sind bzw. als alternative Ausdruckswege zu einem Begriff. Dieser wird repräsentiert durch ein kanji, das – laut Hirtl – an sich schon eine »Seinsweise in Bildern« darstellt. In Übereinstimmung mit den inhärenten – wenn auch nicht unbedingt lesbaren – Schriftzeichen, nennt Hirtl ihre Großformate »Hauptsätze« und die kleineren Bilder »Nebensätze«, was ihrer reichen Bildsprache trotz aller Abstraktion und Reduktion einen syntaktischen, ja sogar narrativen Charakter gibt. Das Schauen – mit Ausblicken, Durchblicken und Rückblicken auf andere Bilder – gestaltet sich zu einer faszinierenden geistigen Entdeckungsreise, einer Schärfung der Wahrnehmung und Empfindung, die ein persönliches Nachvollziehen der intellektuellen Intention der Malerin ermöglicht: nämlich, dass man nur durch stete Versuche der Annäherung an einen Begriff (wie Selbst oder Herz-Seele-Geist) zu einer Vorstellung von seinem Wesen gelangen kann. 
													 
Hirtls Bilder fordern Konzentration und das Aufgeben von gewohnten Wahrnehmungsmustern; sie verwandeln eine Leinwand in einen Anlass zur Meditation; sie verleihen Transzendenz Farbe, und sie bieten den Betrachtern ein Erlebnis des Sublimen. | 
										 
										
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											E 945 120 x 90 x 2 cm, 2014 
												ohne Titel | 
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											E 909 250 x 200 x 3 cm, 2013 
												Gespiegeltes Herz, Seele, Geist | 
										 
										
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											Der Text ist zum Großteil aus Maria-Regina Kechts »Laudatio« entlehnt  
												(anlässlich der Verleihung vom Preis für Zeitgenössische Kunst 2016 an Hirtl  
												seitens der Tiroler Landesregierung) 
												 
												Die Laudatio zur Verleihung des Preises für Zeitgenössische Kunst 2016 finden Sie unter  
												Laudatio Maria Regina Kecht | 
										 
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